Immer mehr Fehlsichtigkeiten bei Kindern und Jugendlichen
Seit den 1970er-Jahren hat sich der Prozentsatz der Kurzsichtigkeit bei den Jüngsten buchstäblich verdoppelt! Sowohl in Europa als auch weltweit kommen alle Studien zum gleichen Schluss: Die Kurzsichtigkeit bei Kindern und Jugendlichen nimmt stetig zu. Der australische Biologe Ian Morgan stellte fest, dass 50% der unter 20-Jährigen in Europa, Nordamerika und Russland kurzsichtig sind.
Gemäss Gabriele Thumann, Chefärztin Ophthalmologie am Universitätsspital Genf HUG, tritt Kurzsichtigkeit heute im Gegensatz zu früher in einem jüngeren Alter auf und ist nicht mehr nur genetisch bedingt: «Wir sehen immer mehr Babys, Kinder und Jugendliche mit Kurzsichtigkeit, die durch ihre Lebensweise und nicht durch Vererbung verursacht wird.» 1 So stieg der Anteil der Personen, die eine Brille oder Kontaktlinsen tragen, zwischen 1992 und 2012 von 59% auf 64%, ein Anstieg, der auf die Zunahme der Kurzsichtigkeit bei jungen Menschen zwischen 15 und 39 Jahren zurückzuführen ist.
Kurzsichtigkeit bei Kindern: Symptome, auf die Sie achten sollten
Die Sicht einer kurzsichtigen Person ist in die Ferne verschwommen, in die Nähe jedoch scharf. Bei Kindern kann man die ersten verräterischen Anzeichen gut erkennen: Sie kneifen die Augen zusammen, um in die Ferne zu schauen, berühren beim Schreiben oder Lesen mit der Nase fast das Heft, schauen von zu nahe auf den Fernseher oder auf andere Bildschirme und leiden möglicherweise an Kopfschmerzen.
Ist unser Lebensstil schuld?
Expertinnen und Experten zufolge ist diese Zunahme der Kurzsichtigkeit nicht nur eine Folge der Vererbung, sondern auch einer falschen Lebensweise. Die Kinder verbringen mehr Zeit am Bildschirm (Fernseher, Tablets und Smartphones) auf Nahsicht fixiert, und weniger Zeit draussen. Die täglichen Aktivitäten unserer Kinder haben einen grossen Einfluss auf die Gesundheit ihrer Augen.
Blau-violettes Licht: ein verstärkender Faktor
Blaues Licht wird auf natürliche Weise von den Sonnenstrahlen ausgestrahlt, d. h. es ist Teil des Lichtspektrums. Es besteht zu einem Teil aus blau-türkisem Licht (zwischen 455 und 500 nm), das unerlässlich ist für unseren Organismus, denn es reguliert unsere biologischen Rhythmen, darunter den Schlaf-Wach-Rhythmus, der sich positiv auf das Wohlbefinden und die Stimmung auswirkt. Das andere im blauen Licht enthaltene Licht ist das potenziell schädliche blau-violette Licht (zwischen 380 und 455 nm). Zusammen mit genetischen Faktoren und Umweltfaktoren wie Tabak und Ernährung gehört blau-violettes Licht zu den potenziellen Ursachen für die Netzhautalterung und die AMD (altersbedingte Makuladegeneration).
Wie kann man sich davor schützen?
Die BlueProtect-Beschichtung filtert blau-violettes Licht und blockiert die UV-Strahlen. Sie wirkt selektiv bei Wellenlängen zwischen 400 und 450 Nanometern, wobei die Transparenz des Glases erhalten bleibt und die Farben nicht verfälscht werden. Dieser Schutz ist für Kinder sehr nützlich. Vor dem zehnten Lebensjahr filtert die Augenlinse weder UVA-Strahlen noch die blau-violetten Wellenlängen vollständig und lässt sie leichter durch.
Es handelt sich um eine nicht-invasive Präventionsmethode ohne Nebenwirkungen.
Wie kann man Kurzsichtigkeit vorbeugen?
Im Visimag – 30 Lenze» erklärt Dr. Pierre-François Kaeser, Leiter der Abteilung Strabologie und Kinder-Augenheilkunde der Augenklinik Jules-Gonin, dass zwei Umweltfaktoren bei der Entstehung und beim Fortschreiten der Kurzsichtigkeit dominieren: die Zunahme von Aktivitäten im Nahsichtbereich, wie Bildschirmarbeit und Lesen, sowie die Abnahme der draussen verbrachten Zeit. Er empfiehlt Eltern, Kindern und Jugendlichen, «mindestens eine Stunde pro Tag im Freien zu verbringen, die vor dem Computer und dem Smartphone verbrachte Zeit zu begrenzen und eine Lesedistanz von 30 bis 40 cm einzuhalten».
Was bringt eine Operation? Laut Dr. Kaeser ermöglicht eine Operation, auf eine Brille oder Kontaktlinsen zu verzichten, aber sie ist nicht in der Lage, einen zu langen Augapfel zu korrigieren oder das allfällige Fortschreiten der Kurzsichtigkeit zu verhindern.
Kurzsichtigkeit bremsen, um anderen Fehlsichtigkeiten vorzubeugen
Auch in der Schweiz nimmt die Zahl der Betroffenen von Weitsichtigkeit, Astigmatismus und Presbyopie zu, doch für Gabriele Thumann bleibt die Vorbeugung von Kurzsichtigkeit im frühen Kindesalter eine Priorität. «Kurzsichtige haben eine erhöhte Prädisposition für Augenkrankheiten wie Katarakt, Glaukom, Netzhautablösung oder Makulaerkrankungen», erklärt sie. Wenn das Risiko einer sehr starken Kurzsichtigkeit – und damit einer Behinderung – bei einem Kind erkannt wird, können die Augenärztinnen und -ärzte schwach dosierte Atropin-Augentropfen verschreiben, um das Wachstum des Augapfels zu verlangsamen, aber nur, wenn die Behandlung von Massnahmen wie einer Stunde im Freien und einer wesentlichen Verkürzung der Bildschirmzeit begleitet wird.
Lösungen für junge Menschen
Visilab rät vor allem, die Zeit vor Bildschirmen zu reduzieren und parallel dazu die im Freien verbrachte Zeit zu erhöhen. Darüber hinaus können auch bestimmte neue Optiktechnologien die Entwicklung von Kurzsichtigkeit bei Kindern bremsen. Die Essilor-Stellest-Gläser wirken, indem sie das übermässige Längenwachstum des Augapfels, das der Kurzsichtigkeit zugrunde liegt, deutlich reduzieren, und bremsen somit das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit. Dank dieser innovativen Brillengläser konnte im Vergleich zu herkömmlichen Einstärkengläsern eine Reduzierung des Fortschreitens der Kurzsichtigkeit um fast 67% festgestellt werden.
Diese Gläser sind als Korrektur- und als Sonnenkorrekturgläser erhältlich.
Es gibt auch die weichen MiSight-Tageslinsen von Coopervision zur Kontrolle der Kurzsichtigkeit, die auf die gleiche Weise wie die oben genannten Gläser wirken.
Und schliesslich ist die Orthokeratologie eine wirksame Alternative zum Tragen einer Brille oder von Kontaktlinsen während des Tages. Bei dieser Technik werden während des Schlafs massgefertigte Kontaktlinsen getragen, um tagsüber eine normale Sehkraft zu erreichen. Damit lassen sich Kurzsichtigkeit, Hornhautverkrümmung und Weitsichtigkeit korrigieren.
Unsere Optikerinnen und Optiker beraten Sie gerne bei der Wahl der optimalen Lösung für die Bedürfnisse Ihres Kindes.
Rückerstattung durch die obligatorische Krankenversicherung
Seit dem 1. Juli 2024 deckt die obligatorische Krankenversicherung (KVG) die Kosten für die Myopiekontrolle bei Kindern bis zum Alter von 21 Jahren mit CHF 850.- pro Jahr für Brillen mit Gläsern zur Myopiekontrolle und für spezifische Kontaktlinsen, wenn sie von einem Augenarzt verschrieben werden und die gesetzlichen Bedingungen erfüllt sind.